Die Gewächshäuser des Botanischen Gartens sind ein Ort, um die Natur zu betrachten. Doch gerade hier ist diese kategorisiert und nach System angepflanzt. Das Schulprojekt ermuntert dabei, diese Welt wieder mit „unschuldigen“ Augen zu betrachten. So ist es die Aufgabe, das Leben in den Gewächshäusern durch ein eigenes, beliebiges aber erklärbares System zu erfassen sowie die Pflanzenwelt mit den vorhandenen Lebensbedingungen um tierische Wesen zu erweitern. Diese Forschungsergebnisse wurden dabei auf Plexiglasscheiben zu einem Miniaturgewächshaus angeordnet.
Die Klasse 7b des Jahrgangs 2016 / 2017, zwei für die Klasse verantwortlichen Lehrer*innen sowie drei Student*innen der weißensee kunsthochschule berlin
Die Idee bestand darin, ein eigenes System aus dem Wahrgenommenen zu erstellen und damit ein eigenes Interesse zu entdecken und zu verfolgen. Dies bildete den Ausgangspunkt einer künstlerischen Praxis.
Ein relativ offenes Arbeiten in kleineren Gruppen mit individueller Beschäftigung und Austauschphasen.
In den Gewächshäusern und im Museum des Botanischen Gartens sowie im Freien zu spielerischen Momenten.
Die sichtbaren Pflanzen und die Welt, die ein Gewächshaus erschafft, sowie die unsichtbaren Gründe und Verwandtschaften dahinter.
Vor Ort zeichneten, schrieben, erzählten und zeigten wir.
Wir wollten individuelles Forschen und eine angenehme Zeit im Grünen ermöglichen.
Wir würden dem Projekt weitere motivierende Angebote für die Beteiligten schaffen und evtl. spielerischer mit den Aufgaben und Absprachen umgehen. Vielleicht würden wir den Schüler*innen ermöglichen, mehr Verantwortung am Projekt zu übernehmen.
Der Mensch versucht seit jeher, Pflanzenspezies auf gemeinsame Eigenschaften hin in Familien zu unterteilen. Eine Willkürlichkeit dieser Einteilungen lässt sich vermuten, wenn man hört, dass viele der hier im Botanischen Garten sichtbaren Zugehörigkeiten längst überholt sind. Im Blütensaal lässt sich nicht der aktuelle Wissenstand in Sachen Pflanzenkunde begutachten. Was man hier sieht, ist vielmehr eine Konservierung des Wissens aus den 70er Jahren. Da der Raum aber unter Denkmalschutz steht, darf er nicht aktualisiert werden. Das erinnert an etwas, was man zu oft vergisst: Die Natur war zuerst da und wucherte. Erst dann kam die Wissenschaft und versucht bis heute, diese Wildnis zu kategorisieren und Bezüge zu erstellen. Dank der systematischen Ordnung macht uns die chaotische Natur weniger zu schaffen. Wir können mit ihr arbeiten und forschen und sie uns erklären. Selbst wenn dies eben heißt, dass wir zunächst einer falschen Fährte folgen, können wir mit diesen Fehlern besser zurechtkommen, als mit der Menge und Vielfalt ganz ohne Bestimmung. Sich die Welt zu erklären ist ein wichtiger Grund, warum man Enzyklopädien erstellt. In seinen Anfängen aber konnte dabei nicht zwischen rein wissenschaftlichen Erkenntnissen und magischen, unerklärlichen Phänomenen unterschieden werden. Heute sind diese Einteilungen aber Gegensätze und es wird mehr auf die Neutralität der Information geachtet. Es wird erstrebt die eine absolute, also objektive Wahrheit zu erfassen und zu vermitteln. Dass hinter jeder Einteilung ein subjektives Wertesystem steckt, wird dabei nicht verraten. In Lehren, die auf ganzheitliche Weise beschreiben, wie die Welt zu verstehen ist, geht die Gefahr einher, dass andere Ansichten entwertet werden. Dieses Projekt versucht, den hohen Stellenwert, den die Wissenschaften bzw. Systeme generell heute genießen, ein wenig zu hinterfragen und das eigene Denken zu wecken.
Schwerpunkt unserer Projektwoche war es, die 7. Klässler*innen dazu zu ermuntern, die Natur wieder mit „naiven“ Augen zu betrachten und dabei Berechtigung zu erfahren, eigene Interessen und Urteile zu fällen und diese zu verfolgen. Im zweiten Schritt wurde die vorhandene Natur mithilfe unserer Phantasie erweitert, indem wir unter den vorhandenen Lebensbedingungen in den jeweiligen Gewächshäusern neue Wesen entstehen ließen. Festgehalten wurden alle Forschungsergebnisse auf transparenten Folien (blauer Stift für die vorhandene, roter Stift für die weitergedachte Natur), die auf 1x2m großen Plexiglasscheiben gesammelt wurden. Zu einem oben und unten offenen Kubus zusammengeschraubt fand sich die Ästhetik der Gewächshäuser wieder und zeigte, wie sich diese von der heimischen Landschaft abtrennen, Auf Kopfhöhe befestigt, konnte man damit in die verschieden wahrgenommenen Welten verschwinden.